Über

AV-Block III
Bildquelle: BUPA

Die  Schnellfassung

Wenn Sie einen pränatalen, konnatalen oder kongenitalen AV-Block °III, einen atrioventrikulärer Block, 3. Grades oder einen kongenitalen kompletten Herzblock ohne sonstige Auffälligkeiten diagnostizieren oder diagnostiziert bekommen, sollten Sie sofort einen Bluttest der Mutter beauftragen um Ro und La AK zu bestimmen! Zusätzlich kann und sollte Anti Phospholipid AK abgenommen werden (Anti Cardiolipin).

Liegt der Herzschlag unter 60 SpM (Schläge pro Minute), ist zudem auf Perikarderguss, Hydrops und (selten) Endokardfibroelastose zu kontrollieren. Ist dieser Befund positiv (also so etwas vorhanden), oder gibt es sonstige Auffälligkeiten, kontaktiert der behandelnde Arzt sofort das nächstgelegene Kinderherzzentrum. Abhängig von der genauen Diagnose ist eine Notfalleinweisung (ggf. mit Rettungswagen) wahrscheinlich! Das Kind ist in akuter Lebensgefahr, eine Schädigung von Organen oder pränataler Entwicklung nicht auszuschließen.

Liegt der Herzschlag unter 60 SpM es liegt aber kein Befund der o.g. Komplikationen oder andere Auffälligkeiten vor, sollte ebenfalls unverzüglich das nächste Kinderherzzentrum kontaktiert werden. Eine sofortige Einweisung ist hier ebenfalls notwendig, in diesem Fall wird möglicherweise noch vor der Einweisung durch Ihren behandelnden Arzt medikamentös der Herzschlag stimuliert (ca. 5-10 Schläge).

Liegt der Herzschlag über 60 SpM und es liegt keine der o.g. Komplikationen vor sind die Chancen recht gut, die negative Entwicklung zu stoppen und abgesehen vom notwendigen Herzschrittmacher ein gesundes Kind zu bekommen. Nein, es ist nicht sicher! Arzt oder Mutter soll sich ebenfalls auf dem schnellsten Weg mit dem nächstgelegenen Kinderherzzentrum in Verbindung setzen und zeitnah einen Termin vereinbaren! Zeitnah bedeutet, dass dies nicht am selben Tag sein muss! Wichtig ist es, ein Kinderherzzentrum einzubinden, nicht jedes Pränatalzentrum und nicht jeder Arzt hat hier die notwendige Erfahrung!

Mehr Informationen zur weiteren Behandlung folgend. Nun aber erstmal zur Diagnose…

Was ist eigentlich ein pränataler AV-Block 3. Grades?

Zuerst einmal wird der unterschiedlich beschrieben, mal als pränatal (vorgeburtlich), mal als kongenital oder konnatal (beides für „angeboren“), mal als AV-Block 3. Grades, mal mit einer Bradykardie (verlangsamter Herzschlag) in Zusammenhang gebraucht, mal vollständig als atrioventrikulärer Block oder auch eher umgangssprachlich als vollständiger oder kompletter Herzblock bezeichnet, mal als AVB oder AVB3 abgekürzt.

Wer diese Diagnose das erste Mal hört, weiss damit nichts anzufangen und wird im Internet mit vielen Fehlinformationen versorgt, die meisten davon panikerzeugend. Wie wir erfahren haben geht dies auch erfahrenen Ärzten so, ist diese Diagnose doch sehr, sehr selten – nur etwa eine aus 20.000 Lebendgeburten! Bei über 660.000 Geburten 2012 wären dies 33 Geburten / Jahr in Deutschland, an der MH Hannover sind dies wohl 1-2 Fälle im Jahr.

Ohne die Diagnose verharmlosen zu wollen: Wenn Sie sich damit konfrontiert sehen, ist etwas schlimmes passiert. Wahrscheinlich wurden die Muskelstränge des Reizleitungssystems1, die den Herzschlag steuern am Herzen Ihres Kindes irreparabel geschädigt.

So schlimm diese Diagnose an sich auch ist, alles weitere kann gehandhabt werden! Und wenn alles gut läuft, bekommt Ihr Kind „lediglich“ einen Herzschrittmacher, aber diese bedeuten in der Realität nur geringe Einschränkungen! Bitte lesen Sie weiter!
ExclamationMarkDie folgenden Informationen sind derzeit nicht wissenschaftlich fundiert sondern beruhen auf medizinischen Erfahrungen, Einschätzungen und Empfehlungen. Aufgrund der Seltenheit der Diagnose gibt es nach unserem Wissen derzeit keine belastbaren2 Studien und Ergebnisse!

Es gibt diverse Studien an kleineren Gruppen, aufgrund derer bestimmte Behandlungsmöglichkeiten als vielversprechend angesehen werden. Diese Studien finden Sie am Ende der Seite unter weitere Lektüre.

Die wahrscheinlichen Gründe für einen pränatalen AV-Block 3. Grades

Die Diagnose eines pränatalen AV-Block 3. Grades (vollständig) gibt es ein drei Ausprägungen, die jeweils ein Drittel der Fälle betreffen.

Variante 1 ist im Zusammenhang mit einem sogenannten kongenitalen, also angeborenen Herzfehler, wobei hier generell das Herz und die organische Entwicklung mit betroffen sind.

Variante 2 wird als idiophatisch bezeichnet, d.h. es gibt keinen nachvollziehbaren Grund.

Variante 3 ist im Zusammenhang mit einer „negativen“ Autoimmunreaktion der Mutter. Von einer „Erkrankung“ ist hier nicht unbedingt zu sprechen, da Autoimmunreaktionen, die Bildung von Antikörpern „tendenziell gesund“ sind. Richten diese sich jedoch gegen gesundes, körpereigenes Gewebe, machen sie krank und es wird wie auch hier von einer Autoimmunerkrankung gesprochen.

Der Klassiker wäre dabei echter Gelenkrheumatismus. Dabei greifen die Autoimmunantikörper die Gelenkschleimhaut an, führen zu Gelenksentzündung und die dann zur Knorpel- später Knochenzerstörung mit kaputten und steifen Gelenken führt.

Generell ist dies meines Wissens die einzige bisher bestätigte Ursache, die wir hier entsprechend versuchen können verständlich zu machen.

AV-Block 3. Grades + Sjögren Syndrom

Diese Ursache des AV-Block ist wohl eine rheumatische Reaktion, ein sogenanntes Sjögren Syndrom bei der Mutter, die lange vor der Schwangerschaft passiert sein kann. Oft wird diese Erkrankung nicht einmal bemerkt! Durch diese rheumatische Reaktion hat der Körper aber Antikörper entwickelt, sogenannte Ro und La AK. die sich dann unbemerkt im Körper aufhalten.

Diese Antikörper wurden durch die Immunabwehr der Mutter gebildet um die eigene „Erkrankung“ zu bekämpfen, sind daher nicht etwa bösartig.

Nun kommt es zur Schwangerschaft. Zwischen der 18. und 20. Schwangerschaftswoche wandern Antikörper, darunter auch eben die Ro und La AK durch die Plazenta in den Körper des Kindes. An sich ja eine gute Idee, auf diese Weise bekommt das Kind nun die Immunisierung der Mutter. Im Falle der Ro und La AK Antikörper kommt es nun aber zu einer Fehlreaktion. Diese Antikörper „verstehen“ die sich entwickelnden Reizleiterbahnen1, die die Signale zum Herzschlag am Herzen des Kindes transportieren als rheumatisch. Bei der entsprechenden Reaktion zerstören diese nun diese sich entwickelnden Reizleiterbahnen1! Dies betrifft vor allem die Verbindung vom Nervenknoten1 am Herz, dem sogenannten AV-Knoten, zu den Hauptkammern, daher der Name der Diagnose. Es gibt hier unterschiedliche Ausprägungen, von einer teilweisen Störung bis hin zur kompletten Zerstörung, die man dann als 3. Grades (auch III geschrieben) bezeichnet.

In vielen Fällen ist dies für das Kind tödlich. Aber dann würden Sie dies hier nicht lesen. In den anderen Fällen wird das Herz aufgrund sekundärer Reize und Nervenverbindungen weiter zum Schlagen angeregt, allerdings deutlich verlangsamt. Ob ein Zusammenhang zwischen mütterlichem Herzschlag und dem verbliebenen Herzschlag besteht habe ich widersprüchliche Informationen.

Im mir bekannten, eigenen Fall brach der Herzschlag auf 62-63 Schläge pro Minute (SpM) ein. Normal wären 110-160 SpM.

Ich wurde gebeten, hier auch den noch seltener auftretenden systemischen Lupus erythematodes anzugeben (auch Lupus oder SLE genannt). Sjörgen-Syndron und systemischer Lupus Erythemathodes sind zwei Ausprägungen einer rheumatischen Autoimmunerkrankung mit unterschiedlichen Symptomen, diese sollten beide mit der Prüfung auf Ro und LaAK Antikörper erkannt werden.

Die Diagnose. Und nun?

baby-pacemakerWichtig ist: Schnelligkeit! Da die Antikörper ja auch im Kind noch aktiv sind, sind weitere Schädigungen nicht auszuschließen, eher wohl sogar wahrscheinlich. Daher muss schnellstens gehandelt werden. Nicht um die Situation zu verbessern, sondern um weitere Schäden und Schädigungen zu verhindern.

Diese Diagnose allein besagt nichts, aber auch gar nichts über die weiteren Überlebenschancen des Kindes. Auch ist diese Diagnose kein Anzeichen für irgendeine sonstige „Behinderung“ des Kindes!

Wichtig ist vor allem, weitere Komplikationen auszuschließen, sowie die weitere Schädigung zu verhindern.

Als Komplikationen sind vor allem die bereits oben erwähnten  Perikarderguss, Hydrops und Endokardfibroelastose zu betrachten (die Links öffnen ein neues Fenster). Wobei ein kleiner Perikarderguss wohl relativ „normal“ ist und bspw. nur beobachtet wird. Dies können die Fachärzte des Kinderherzzentrums besser beurteilen!

Die Verhinderung weiterer Schädigungen der Entwicklung von Reizleitern1 des Kindes ist etwas schwierig. Bei der Seltenheit der Erkrankung gibt es verständlicherweise keine prospektiven2 Studien. Aufbauend auf früheren, dortigen Untersuchungen gilt am Hospital for Sick Children in Toronto (Canada) die Therapierichtlinie, dass den Müttern bei der fetalen Diagnose eines kompletten AV-Block mit einer fetalen Herzfrequenz unter 55 SpM Dexamethason und ein Betamimetikum (zur Stimulierung der ß-Rezeptoren, sozusagen das Gegenteil eines ß-Blockers) gegeben wird. Dem widerspricht andererseits die „große AEPC-Studie“ (Link zu englischer Veröffentlichung), die keine Verbesserung der Überlebensrate der Kinder unter Kortison-Gabe fand. Hier erwiesen sich ein Diagnosezeitpunkt unter 20 Wochen, eine Herzfrequenz unter 50/min, ein Hydrops und eine eingeschränkte LV-Funktion als prognostisch besonders ungünstig. Andererseits wird von anderen Autoren (wie auch Prof. Dr. von Kaisenberg an der Medizinischen Hochschule Hannover) eine Steroid-Behandlung zur Vermeidung eines Hydrops empfohlen.

Diese hat aber auch (wie aber jede Behandlung) Nebenwirkungen. Die wichtigste Nebenwirkung ist eine Veränderung des organischen Gewebes des Gehirns. Es gibt aber nach derzeitigem medizinischen Stand abgesehen von dieser Veränderung des Gewebes keine negativen Begleiterscheinungen. Es gibt aber eben auch keine verlässlichen Informationen, die solche negativen Nebenwirkungen ausschließen.

Was sich in den bisherigen Versuchen gezeigt hat, ist, dass diese Behandlung die Gefahr weiterer Schädigungen weitgehend reduziert, die Überlebenschance der behandelten Kinder stieg dabei von 80% vor Einführung der Behandlung auf 95% danach. Vorher lag die Überlebenschance des Kindes für das erste Jahr nach der Geburt bei 47%. Obwohl es keine harten Zahlen gibt, kann man folgende Interpretation als wahrscheinlich ansehen:

„Obwohl prospektive Studien fehlen, werden fluoride Corticoide bei Feten mit inkompletter AV-Blockierung und Hydrops empfohlen, Ist der AV-Block erst komplett etabliert, so ist keine Regression, eher ein Fortschreiten der Blockierung von zweit- zu drittgradigen Blockierungen beschrieben worden.“ (Quelle). Aber auch beim AV-Block 3. Grades besteht die Gefahr weiterer Schädigungen durch die Antikörper! Daher ist eine entsprechende Behandlung bis Ende der Schwangerschaft wohl sinnvoll!

Es geht bei der Behandlung darum, das Kind möglichst lang im Körper der Mutter zu behalten, da es sofort nach der Geburt einen Herzschrittmacher benötigt. Je früher das Kind dabei zur Welt kommt, desto schwieriger ist diese Operation und desto höher die Chance, dass etwas schief geht. Ohne die Behandlung ist eine weitergehende Schädigung des Reizleitersystems1 im Herzmuskelbereich wahrscheinlicher, so dass auch dies sich negativ auf die Überlebenschancen auswirkt.

Kurz gesagt: Ohne Behandlung kann die Schädigung fortschreiten, es steigt die Gefahr eines Herzversagens, genauso wie die eines Hydrops oder einer anderen Komplikation.
Mit der Behandlung kommt es zu einer (gesundheitlich wohl neutralen) Veränderung des Gehirngewebes aber die Überlebenschancen steigen möglicherweise (strittig).

Nachdem also durch die Behandlung die Gefahr einer weiteren Herzschädigung deutlich verringert wird, ist es notwendig, dass der Herzschlag des Kindes über 60 Schläge pro Minute (SpM) bleibt. Warum?

Unter 60 SpM steigt die Wahrscheinlichkeit eines Hydrops oder einer anderen Komplikation überproportional an. Daher kann bei einem Wert über 60 eine ambulante Überwachung ausreichend sein, bei einer zweimal wöchentlich stattfindenden Kontrolle per Doppler-Ultraschall. Einmal wöchentlich wird dabei sicherlich im Herzzentrum kontrolliert, das zweite Mal kann aber am Wohnort stattfinden, bzw. in der nächstgelegenen Praxis die ein solches Gerät für Doppler-Ultraschall hat. Falls dies nicht die behandelnde Gynäkologin ist, wird diese die Mutter sicher auch alle ein bis zwei Wochen sehen wollen.

Außerdem steigt bei einem so niedrigen Herzschlag die Gefahr anderer organischer Unterversorgung (bspw. auch des Gehirns). Ab etwa 60 Schlägen kann die Entwicklung ganz normal verlaufen.

Andererseits wird im Rahmen der Behandlungsempfehlung bei einem Abfall des kindlichen Herzschlages unter 60 SpM die Mutter stationär in der Klinik aufgenommen um einerseite medikamentös den Herzschlag von Mutter und Kind (um ca. 5-10 Schläge) zu erhöhen und andererseits eine höhere Kontrolldichte sicherzustellen. Sobald sich nun ein Perikarderguss, ein Hydrops oder eine Endokardfibroelastose bilden, wird eine Geburt notwendig. Es ist wünschenswert, dass diese möglichst spät erfolgt.

Die Geburt

infantpacemaker
Bildquelle: Indian Pacing Electrophysiology Journal

Vor der 28. Schwangerschaftswoche (SSW) ist die Überlebenschance ausgesprochen gering.

Von der 28. SSW an reduziert sich das Risiko nahezu täglich, dies hängt mit der kindlichen Entwicklung im Bauch der Mutter zusammen.

Ab der 34. SSW sind die Chancen gut, denn die Lungenentwicklung ist abgeschlossen. Da das Kind im dritten Trimester aber ca. 200-300 Gramm die Woche zunimmt und wächst, ist es natürlich optimal, wenn die Geburt möglichst nahe dem geplanten Geburtstermin erfolgen kann. Laut unserem Kinderkardiologen „nach der 37. SSW“.

Die Geburt erfolgt per Kaiserschnitt. Ja, ich weiss, das hatte ich noch nicht erwähnt. Es macht aber Sinn, da das geschwächte Kind nicht noch durch den Stress einer normalen Geburt soll. Außerdem muss ja  ggf. sofort nach der Geburt der Herzschrittmacher eingesetzt werden. Auch das verständlich kein angenehmer Gedanke aber eine Notwendigkeit.

Ist der Herzschlag deutlich über 60 SpM, kann zwischen der (für das Kind so oder so anstrengenden) Geburt und der Herzschrittmacherimplantation etwas gewartet werden, dies gibt den Kinderkardiologen auch die Gelegenheit, die „Eigenleistung“ des Kindes einzuschätzen und zu erkennen und das Kind auch sonst auf mögliche, weitere Schädigungen zu untersuchen.

Die zwei Wochen nach der Geburt sind wohl kritisch, wobei die Überlebenschance proportional zum Alter des Kindes steht.

Wenn aber auch nun alles gut geht, kann Ihr Kind mit Herzschrittmacher, sonst aber weitestgehend normal aufwachsen. Ggf. können Sie sich mit einer örtlichen Selbsthilfegruppe in Verbindung setzen.

Häufige Fragen

… und Korrekturen.

Die Antworten beruhen auf unserem Verständnis aus Gesprächen mit den Ärzten im Pränatalzentrum an der Medizinischen Hochschule Hannover. Generell sollten sie diese Fragen mit dem Arzt Ihres Vertrauens erörtern und dabei ggf. auch die Ärzte des den Fall behandelnden Kinder-Herzzentrums zu Rate ziehen!

Abtreibung

Sicherlich ist dies eine individuelle Entscheidung, wir sind generell aber dagegen, insbesondere wenn es keine sonstigen Gründe gibt. Heutzutage ist das Leben mit einem Herzschrittmacher nahezu uneingeschränkt. Viel zu häufig wird auch bei anderen Herzfehlern abgetrieben, obwohl eine einzige postnatale (nachgeburtliche) Operation den „Fehler“ sicher beheben könnte. Selbst wenn dies nicht der Fall ist, wie hier, sollte man dem Kind die Chance geben. Im Falle des AV-Block °III in Verbindung mit dem Sjögren-Syndrom besteht auch ein erhöhtes Risiko für weitere Schwangerschaften, siehe übernächste Frage.
Letztlich können dies nur die Eltern, letztlich nur die Mutter entscheiden. Sie sollten aber vor einer solchen Entscheidung unbedingt das Gespräch mit einem Kinder-Herzzentrum suchen und sich ausführlich beraten lassen!

Belastbare Studien

Unter weitere Lektüre werden diverse Studien genannt. Wie uns dies vermittelt wurde, redet man von einer belastbaren Studie bei mehreren tausend Patienten. Als „grosse Studie“ wurde uns die der AEPC über 175 Fälle genannt: Eliason H et al. Circulation 2011; 124:1919-26, die wir aber leider nicht online finden und hier referenzieren konnten. Dies ist jedoch weit von „großen Studien“ entfernt und der uns behandelnde Professor wollte sich hier nicht auf „belastbar“ festlegen, bezeichnete dies als „hohe Wahrscheinlichkeit“.

In-Uterus Herzschrittmacher-Implantation

Es gibt Kliniken, die dem Kind in der Gebährmutter einen Herzschrittmacher einsetzen. Dies sollte ausschließlich im größten Notfall erfolgen. Ist das Kind bereits so groß, dass es einen Herzschrittmacher eingesetzt bekommen kann, ist die Behandlung eines Frühchens deutlich risikoärmer. Daher ist dies wirklich nur in extremen Ausnahmefällen sinnvoll. Hier empfehlen wir ggf. eine zweite medizinische Meinung einzuholen.

Ich hatte das Sjögren Syndrom, kann ich überhaupt ein Baby bekommen?

Die andere Fragestellung hierzu war, ob eine weitere Schwangerschaft bspw. nach einer Schwangerschaft mit AV-Block überhaupt möglich ist.
Auch wenn Sie das Sjögren Syndrom hatten ist eine Schwangerschaft möglich. Aber!
Es besteht das Risiko einer weiteren Schädigung des ungeborenen Kindes, wie oben beschrieben. Um dieses Risiko weitestgehend zu reduzieren ist eine Kortisonbehandlung vor der Schwangerschaft beginnend und über die komplette Schwangerschaft notwendig. Bei einer Kortisonbehandlung über sechs Monate hinaus sind Nebenwirkungen aber nicht mehr zu 100% reversibel (dass diese wieder vollständig verschwinden), das betrifft Mutter und Kind! Zudem sollte natürlich der behandelnde Gynäkologe informiert sein und entsprechend ggf. eine dichte Kontrolle des Kindes durch Doppler-Ultraschall sicherstellen.
Führen Sie diese Kortisonbehandlung nicht durch, ist mit sehr hoher Wahrscheinlichkeit mit einem pränatalen AV-Block 3. Grades (vollständige, irreparable Zerstörung des Reizleiters1) zu rechnen.
Mit der Behandlung haben Sie eine gute Chance auf ein gesundes Kind (aber keine Sicherheit, die es aber nie gibt).

Kritische Grenze 50 oder 60 SpM?

Es gibt offenbar unterschiedliche Ansichten, wo die „kritische Grenze“ liegt. Häufig in der medizinischen Literatur wird diese Grenze bei 50 SpM (HerzSchläge pro Minute) definiert. Die Medizinische Hochschule Hannover (Prof. Dr. von Kaisenberg) definierte sie uns gegenüber bei 60 SpM. Ich erlaube mir da die folgende Interpretation. Kritisch-kritisch sind wohl 50 SpM, aber bereits bei 60 SpM kann es kritisch werden und eine erhöhte Kontrolldichte (Einweisung ins Pränatalzentrum) ist wohl angebracht.

Reizleiter oder Nerv?

Der Mediziner spricht korrekterweise vom „Reizleitersystem, welches für den Herzschlag verantwortlich ist. Dies sind keine „Nerven“, sondern modifizierte Muskelfasern, wenn sie auch für Laien die gleiche Aufgabe übernehmen, sie stimulieren das Herz zum Schlagen. Sie sind aber anders aufgebaut, weshalb hier die Antikörper angreifen und normale Nervenzellen und -bahnen nicht betroffen sind. Ob die Antikörper ggf. andere Muskeln im Aufbau ebenfalls zerstören können ist mir noch nicht klar.

Weitere Lektüre

Wir selbst haben ja in unserer Zusammenfassung auf eine deutsche Studie Bezug genommen, deren Informationen zum pränatalen AV-Block °III wir hier zusammengefasst haben. Ursprünglich erhielten wir von den Experten der Medizinischen Hochschule Hannover eine Referenz auf eine kanadische Studie, The Benefits of Transplacental Treatment of Isolated Congenital Complete Heart Block Associated with Maternal Anti-Ro ⁄ SSA Antibodies: A Review, die im verlinkten Online Library von Wiley.com eingesehen werden kann.

Sollten Sie weitere Informationen kennen, bitte ich Sie freundlich um entsprechende Information!

Wikipedia-Diskrepanzen

In Wikipedia gibt es in der entsprechenden Seite kurze Informationen zu pränatalem AV-Block. Wikipedia refernziert hier eine Veröffentlichung zu Herzschrittmacher- und Defibrillatortherapie aus der wir eine Abschrift der Passagen erstellt haben, die sich mit dem angeborenen (nicht pränatalen) AV-Block III. Grades befassen und die für uns eine große Hilfe waren, die Fakten in einen logischen Zusammenhang zu bringen. Aus dieser Veröffentlichung bleiben dennoch viele Fragen offen, auf die ich (gern mit Hilfe) versuchen werde, Antworten zu finden und hier zusammen zu fassen.

Fehler, Ergänzungen

Die Informationen auf dieser Website wurden nach bestem Wissen und Gewissen zusammengestellt. Diese Seite nimmt keine Vollständigkeit für sich in Anspruch und auch sind andere Behandlungsmethoden denkbar. Wenn Sie der Meinung sind, dass hier ergänzende Informationen oder auch Meinungen notwendig sind oder wenn sie richtige Fehler finden, kontaktieren Sie mich bitte oder hinterlassen Sie einen Kommentar.

Anmerkung; Ich habe irgendwo „Typ 3“ aufgeschnappt. Ich wurde nachdrücklich darauf hingewiesen, dass dies medizinisch nicht korrekt sei. Ich habe es aber auch bei Suche im Internet gefunden, weshalb ich die Bezeichnung in den Suchbegriffen in den Metadaten behalten habe.

6

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert.